einfach lernen - Jens Witte, M.Ed.

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Wie man effektiv Vokabeln lernt
11.09.2020 17:36

 

Um Vokabeln langfristig auswendig zu lernen, ist mehr Arbeit nötig als sie kurz vor dem nächsten Test einmal flüchtig zu lesen. Die Frage bzw. Technik, wie man lernt, ist hier von entscheidender Bedeutung. Damit Vokabeln über eine lange Zeit abrufbar sind, müssen sie in das Langzeitgedächtnis übernommen werden.

Wie unser Gehirn funktioniert – das Drei-Speicher-Modell

Unser Gehirn arbeitet mit drei verschiedenen Speichern: Dem Ultrakurzzeitgedächtnis, dem Arbeitsgedächtnis und dem Langzeitgedächtnis. Alle Sinneseindrücke durchlaufen zunächst unser Ultrakurzzeitgedächtnis. Haben sie dort nach 20 Sekunden noch keine Reaktion hervorgerufen, werden sie automatisch wieder gelöscht. Die wenigsten Menschen sind schließlich in der Lage, zu sagen, wie oft sie in den letzten drei Minuten geblinzelt oder geschluckt haben. Auf diese Art schützt sich das menschliche Gehirn vor einer Unmenge unwichtiger Erinnerungen.

Das Arbeitsgedächtnis, auch als Kurzzeitgedächtnis bekannt, speichert relevante Informationen für mehrere Stunden. Beispiele für Aufgaben des Arbeitsgedächtnis sind Einkaufslisten und oder eingeprägte Aufgabenlisten, die im Laufe des Tages abgearbeitet werden sollen. Allerdings hat jeder von uns schon oft festgestellt, dass das Arbeitsgedächtnis nicht perfekt ist und uns gelegentlich im Stich lässt. Das kommt immer dann vor, wenn wir versuchen uns zu viele Dinge gleichzeitig zu merken und dann vermischen. Wie oft hat man schon vor dem Kühlregal gestanden und krampfhaft überlegt, was man noch einkaufen wollte?

Das Langzeitgedächtnis ist in der Lage, Informationen über Jahre abrufbar zu halten. Damit Informationen vom Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übergehen, müssen sie mehrfach wiederholt werden oder eine starke Emotion hervorrufen. Jeder Mensch erinnert sich, wenn er an früher denkt, besonders an die guten Dinge. Besonders schlechte Erfahrungen bleiben ebenfalls hängen – ganz im Gegensatz zu vielen alltäglichen Erinnerungen, die im Lauf der Zeit verblassen, weil sie eben mit keiner besonderen Emotion verbunden sind.

Wie werden Vokabeln in das Langzeitgedächtnis übernommen?

Damit Vokabeln jederzeit abrufbar sind, müssen sie also in das Langzeitgedächtnis übergehen. Um das möglichst effizient zu schaffen, kann man ein Spaced Repetition System nutzen. Ein Spaced Repetition System sortiert die Vokabeln – oder einen beliebigen anderen Lerninhalt – nach Schwierigkeit, sodass nicht immer alle Vokabeln wiederholt werden müssen, sondern die Anzahl der Wiederholungen sich nach der eigenen Merkfähigkeit richtet.

Zunächst werden die Vokabeln einzeln notiert. Das kann ganz klassisch mit Kateikarten passieren oder auch digital. Es gibt bereits verschiedene Apps, mit denen Vokabeln und andere Lerninhalte notiert und wiederholt werden können. Unabhängig davon, für welche Form man sich entscheidet, sollte man die Vokabeln auf jeden Fall selbst notieren bzw. einspeichern. Durch den Schreibvorgang erhöht sich bereits die Merkfähigkeit, da die einzelnen Begriffe „verarbeitet“ werden.

Nachdem alle Vokabeln notiert sind, sollten sie nach kurzer Zeit (maximal einige Stunden) ein erstes Mal wiederholt werden. Die Vokabeln, die bereits beherrscht werden, kommen auf einen separaten Stapel (Apps übernehmen die Sortierung automatisch). Dieser Stapel wird nach zwei Tagen wiederholt. Die Vokabeln, die noch nicht beherrscht werden, bleiben auf dem ursprünglichen Stapel und werden bereits am nächsten Tag wiederholt. Erst wenn sie beherrscht werden, rücken sie einen Stapel auf.

Nach zwei Tagen wird der Stapel mit den bereits bekannten Vokabeln wiederholt. Vokabeln, die ein weiteres Mal beherrscht wurden, rücken wiederum auf einen neuen Stapel auf, der nach vier weiteren Tagen erneut wiederholt wird. Vokabeln, die nicht genannt werden können, verbleiben wieder im Stapel und werden erneut nach zwei Tagen wiederholt.

Vier Tage später wird Stapel Nummer drei erneut wiederholt. Wieder gilt: Bekannte Begriffe wandern auf einen neuen Stapel. Nicht gewusste Begriffe verbleiben im bisherigen Stapel. Der vierte und zugleich letzte Stapel wird nach sieben bis zehn Tagen ein letzten Mal wiederholt. Vokabeln, die auch dann noch bekannt sind, sind unwiderruflich im Langzeitgedächtnis gespeichert.

Der Vorteil eines solchen Spaced Repetition Systems ist, dass jede Vokabel mindestens vier Mal wiederholt wird. Dadurch wird es bei leichten Vokabeln nicht langweilig und nur die schwerer zu merkenden Begriffe werden häufiger wiederholt, bis auch sie fest im Langzeitgedächtnis verankert sind. Ein Spaced Repetition System ist mit Stift und Papier leicht herzustellen. Gleiches gilt für digitale Lösungen über kostenfreie Apps wie zum Beispiel AnkiDroid.

Habt ihr eigene Techniken, wie ihr Vokabeln lernt? Teilt sie mir gerne in den Kommentaren mit.

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